Kultur- und Kunstgeschichte der Frau | Teil II

Aufgrund der Corona-Krise und den damit einhergehenden Präventivmaßnahmen, die zur vorübergehenden Schließung von Kultureinrichtungen führte, möchten wir Ihnen die geplanten Vorträge zum Thema „Frauen in der Kunst“ als Blogbeiträge zur Verfügung stellen, die in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. In mehreren Teilen werden unter anderem "Kultur- und Kunstgeschichte der Frau I+II", "Berühmte Sammlerinnen I+II" und "Frauen in der zeitgenössischen Kunst" behandelt.


Der zweite Teil umfasst das europäische Mittelalter, Renaissance, Barock bis hin zum 20. Jahrhundert. Überblickshaft werden herausragende weibliche Persönlichkeiten vorgestellt, die zur Kultur- und Kunstgeschichte der Frauen beigetragen haben.

Teil II Mittelalter, Renaissance, Barock, 19./20. Jahrhundert

Frauen als Künstlerinnen (Schriftstellerinnen/ Mystikerinnen/ Beginen, Malerinnen) 


4 Bildbeispiele Abb. 10-13: Die Frau als Künstlerin in der Antike und im Mittelalter: Schon Plinius der Ältere (gestorben 79 nach Christus) überlieferte in seinem Werk eine subjektive Liste der sechs nach seinen Qualitätskriterien besten Malerinnen des antiken Griechenlands: Timarete, Eirene, Kalypso, Aristarete, Iaia und Olympias.


Die mittelalterliche Welt der Frau war in kirchlicher Vorstellung eine von Priestern, Nonnen und ihrem Enthaltsamkeitsideal bestimmte Welt. Diese sind die einzigen Träger einer schriftlichen Bildung und lebten ehelos und ohne privaten Besitz - verkörpern also bereits auf Erden das Himmelreich. Für die Verheirateten galt, dass die Geschlechtlichkeit nur zur Kinderzeugung geduldet wurde.
Nach den Plastiken des Mittelalters werden Frauen und Männer gleichberechtigt dargestellt. Frauen der adeligen Laiengesellschaft waren zumeist gebildeter als ihre Männer, die noch in der 2. Hälfte 12. Jahrhunderts zum größten Teil Analphabeten waren (so z.B. Kaiser Friedrich Barbarossa). Diese hochadeligen Frauen in Deutschland, Frankreich oder Italien konnten faktisch ständig, besonders im Witwenstand beachtlichen politischen Einfluss ausüben; so z.B. die Markgräfin Mathilde von Tuszien, jene Herrin von Canossa, welche für Papst Gregor VII. in seinem welthistorischen Kampf eine unverzichtbare Bundesgenossin war. Denn der Witwenstand stand unter dem besonderen Schutz des Königs und war “muntfrei”, Witwen konnten über Mitgift und das vom Ehemann ererbte Vermögen verfügen und sich frei zur Wiederverheiratung entscheiden. 


Zurückdrängung der Frau in der Kirche
Durch Theologie und Praxis der Ehe kam es zur Aufwertung der Frau in der Gesellschaft. Eine beiderseitige Willenskundgebung gehörte durch den Konsens der Partner dazu. (Setzte eine grundlegende Gleichheit der Ehepartner voraus). Petrus Lombardus (1096-1160) und Thomas von Aquin (1225-1274) begründeten die Lehre der sieben Sakramente und die Unauflöslichkeit der Ehe, dies stärkte mitunter das Selbstbewusstsein der Frauen innerhalb der Gesellschaft.
Andererseits aber hat dieselbe Kirche, mit dem Papst als Vater und der Kirche (Hierarchie) als der Mutter der Christenheit, einer verstärkten Patriarchalisierung der Machtstrukturen und Normen Vorschub geleistet, da die Ehelosigkeit auch dem Weltklerus aufoktroyiert wurde und die Kodifizierung des Kirchenrechts dramatische Ausmaße annahm.
Es kam zu einer (zum Teil auch rechtlichen Zurückdrängung der Frau), wie sie für das “römisch- katholische Paradigma” bis heute charakteristisch geblieben ist. In ausgeprägter Form bedeutete dies damals, dass die Herrscherin sich in einem gebührenden Abstand hinter dem Gemahl, begleitet von Hoffräulein zu platzieren hatte. Die Äbtissinnen, die auch geistliche Vollmachten besaßen, wurden auf ihre jurisdiktionellen Vollmachten beschränkt. Das Erbrecht wurde mit alttestamentlicher Begründung auf die männliche (patrilineare) Erbfolge beschränkt. 


Das Kirchenrecht (schon das Decretum Gratiani um 1140) schrieb den Status der Unterwerfung der Frau unter den Mann mit “naturrechtlicher Begründung” fest. Beeinflußt durch Aristoteles (4. Jhdt. vor Chr.) waren der Kirchenvater Augustinus und Thomas von Aquin unter anderem Vertreter der misogynen Darstellung der Frau, sie vertraten eine androzentrische, auf den Mann gerichtete Anthropologie.
Das kirchliche Ideal für das Dasein der Frau war zunächst die Nonne, die frei von irdischen Bindungen ein enthaltsames, gottgefälliges Leben führte. Doch zeigte die im 12. Jahrhundert entstandene Laienkultur und höfische Dichtung bereits ein neues weltliches Frauenideal, wie es auch die Minnesänger und Minnesängerinnen (Trobairitz) zum Ausdruck brachten und wie es in der italienischen Renaissance seine Weiterentwicklung fand.
Von allen kirchlichen Ämtern blieb die Frau ausgeschlossen, und selbst das Predigen wurde ihr angesichts der Attraktivität der frauenfreundlichen Katharer und Waldenser wiederholt verboten.
Die neu im Geist des Dominikus und des Franziskus entstehenden religiösen Frauengemeinschaften wurden (bisweilen auf Wunsch der Frauen selbst und zumeist durch päpstliche Verfügung) schließlich doch den entsprechenden Männerorden unterstellt, um sie in die etablierten Formen kirchlichen Ordenslebens zu integrieren. Ehelose Frauen und Witwen hatten auch Freiräume und Wirkungsmöglichkeiten im Raum der Kirche, in religiös-kirchlicher Gebundenheit eine gesicherte, erfüllte Existenz mit reichen Bildungs- und Wirkungsmöglichkeiten und fanden ein neues weibliches Selbstbewusstsein. Aus freiem Entschluss drängten in der Aufbruchperiode des 12. und 13. Jahrhundert Frauen ins Kloster um der reinen “Nachfolge Christi” willen. Klöster galten vielfach als Versorgungsanstalt für die Töchter und Witwen aus dem Adel, doch Frauen begüterter Eltern erhielten außerhalb der Klöster in den Städten nur in Ausnahmefällen eine Grundausbildung in Lesen, Schreiben und der Glaubenslehre.
Dieser Drang ins Kloster ist nicht zu verwechseln mit einer politischen Freiheitsbewegung für Frauen. Er entsprang einer Frömmigkeitsbewegung, wie sie von der mittelalterlichen Männerwelt der Benediktiner, Zisterzienser und Prämonstratenser, schließlich Franziskaner und Dominikaner auch auf die Frauenwelt übergriff. 

Im Frühmittelalter gab es fast nur Klöster für Damen aus dem Hochadel. Und wie tief dieses Klassendenken verwurzelt war, zeigt die damals bedeutendste Ordensfrau Hildegard von Bingen (1098-1179), die noch im 12. Jahrhundert am Adelsprivileg festhalten wollte, wiewohl die führenden Männerklöster wie Cluny, Hirsau und später Citeaux die Vorrechte der Geburt längst aufgegeben hatten. Kirchenpolitisch aktiv wurden Klosterfrauen nur selten: Bsp. wie Hildegard von Bingen, Birgitta von Schweden, Katharina von Siena und später Teresa von Ávila bestätigen als Ausnahmen wiederum nur die Regel. 


Ein Gebiet aber gibt es von Dichtung und Kunsthandwerk abgesehen, wo Frauen oft stärkere Imagination und Kreativität zeigten: die Mystik

Hildegard von Bingen (mystisch-weltdeutende Bücher mit dunklen Prophezeiungen und poetischen Lobgesängen veröffentlicht) “Scivias” oder “Wisse die Wege”, sondern auch naturkundliche und medizinische Schriften verfasst, die heute die wichtigsten Quellen für die naturkundlichen Kenntnisse des frühen Mittelalters in Zentraleuropa darstellen. Siebzig geistliche Lieder stammen von ihr, drei große Predigtreisen hat sie unternommen: eine einzigartige Frau, in der sich Spiritualität und empirische Sensibilität, weit gespannte praktische Interessen mit mystischer Tiefe verbanden.
Im Mittelalter lebte die mystische Gottsuche vor allem in den Klöstern. Höchstes Ziel des monastisch-mystischen Strebens blieb die persönliche Gotteserfahrung in der unio mystica, der mystischen Vereinigung mit Gott, die Suche nach einem Bewusstsein der unmittelbaren Gegenwart Gottes. Christliche Mystiker haben aber immer daran festgehalten, dass es eine Scala paradisi, eine Leiter oder einen Stufenweg des Aufstiegs im Abstieg gibt, und dass deshalb auch Geistliche Übungen ihren Sinn und Ort haben wie die Lectio divina: ein Gott gewidmetes Lesen der Heiligen Schrift mit den Stufen lectio (Lesung), meditatio (Meditation), oratio (Gebet), operatio (Handeln) und contemplatio (Beschauung). Ziel der Lectio divina ist die Kontemplation, die Einung mit Gott. Die Erlangung der Kontemplation ist ein göttliches Gnadengeschenk und nicht, was der Beter bewusst herbeiführen, sondern nur mit sich geschehen lassen kann. Gebet ist dann nicht mehr etwas, das der Beter tut, sondern etwas, was er ist, ein bleibender Zustand. Die Mystik nennt diesen Zustand “Gebet des Herzens”. Der Beter ist in diesem Zustand gleichsam als Ganzes lebendiges Gebet.


Mystik und Emanzipation 

In der katholischen Kirche steht die verbindliche Schriftauslegung ausschließlich dem Klerus zu. Mystiker dagegen betrachten sich oft durch ihre Visionen „zum göttlich autorisierten Exegeten der Schrift berufen“. Hildegard von Bingen z. B. schildert im Vorwort zu ihrem Werk “Scivias” eine Vision und fährt fort: „Und augenblicklich begriff ich die Bedeutung der heiligen Bücher – des Psalters, der Evangelien und der katholischen Schriften des Alten und Neuen Testaments.“
Dieser Verzicht auf die vermittelnde Stellung des Klerus zwischen Gott und dem Menschen lässt sich auch an Buchillustrationen erkennen. Wenn die „Berufung auf einen göttlichen Befehl“ zum Ungehorsam führte, berief sich Hildegard gegenüber den kirchlichen Autoritäten auf die „unanfechtbare Autorität ihrer Vision“. Als Folge dieser bei Mystikern weit verbreiteten Relativierung des Vorrangs des Klerus bei der Heilsvermittlung gerieten viele in den Verdacht der Häresie und wurden zu einem Fall für die Inquisition.
Frauen übten allerdings im ersten Jahrtausend des Christentums vielfältige kirchliche Funktionen und Ämter aus. Sie wirkten als Apostelinnen, Prophetinnen, theologische Lehrerinnen, Presbyterinnen, eingesetzte Witwen, Diakonissen, Bischöfinnen und Ökonominnen. (Zur Vorstellung einiger Persönlichkeiten ist ein weiterer Blog möglich)

Heilige und Märtyrerinnen
Vom griechischen Wort martys (= Zeuge abgeleitet, geht der christliche Märtyrer, die Märtyrerin zurück auf seine/ihre Rolle als Zeuge/Zeugin der Passion Christi und deren Deutung als Sühneopfer. Erst mit den Kreuzzügen entstand aus der Imitatio-Christi-Kultur die Gestalt des Soldaten Christi (= milites christi) In Form des Typus eines Gründungsopfers findet man den Märtyrer- und Märtyrerinnenkult bereits in der Antike präfiguriert. So zum Beispiel bei Lucretia als Personifikation der res publica, deren Schändung und Freitod das Opfer zum zentralen Bestandteil des Gründungsmythos von Rom werden lassen. Aus der Geschichte der christlichen Märtyrerverehrung hat sich über Märtyrerakten und Martyrologien, über hagiographische Sammlungen in Heiligenkalendern und -legenden (die berühmteste ist die Legende aurea des Jacobs de Voragine aus dem 13. Jahrhundert) eine theologisch festgelegte Kanonisierung ausgebildet.
Hier ist auch das Thema der “Mater Dolorosa” zu nennen, denn aus der Gruppenszene der Beweinung Christi -> Pietà wird die Figur der Mater Dolorosa herausgelöst. Den künstlerisch ausgedrückten Extremfall der compassio zeigt Niccolò dell’Arca in seinem Werk von 1485, in der Kirche Santa Maria della Vita in Bologna. Abb. 14.

Hier finden nun einige Nonnen, Äbtissinnen und Kirchenlehrerinnen Erwähnung, die teilweise als Mystikerinnen Schriften und Traktate verfaßten, Ordensregeln reformierten, machtvolle Stellungen durch ihre Rollen und Ämter innehatten, die Großes in der Geschichte leisteten:
Roswitha von Gandersheim (932-1000) schaffte als Nonne ein Kulturzentrum während der Ottonen-Herrschaft. Sie war Schriftstellerin und schrieb Dramen zur Erbauung ihrer Schwestern.
Im Mittelpunkt ihrer Literatur standen starke, mutige und christliche Jungfrauen, die Anfeindungen, Folter, etc, trotzten. Ihr Ziel war es, den Ruf der Frau als schamlos, als Werkzeug des Teufels entgegenzuwirken. Letztlich triumphieren ihre Frauen über die Männer, weil sie ihnen nicht unterlegen, sondern moralisch überlegen sind.

Zur selben Zeit lebte auch Mathilde von Quedlinburg (955-999), die Tochter Kaiser Ottos I. 966 wurde sie elfjährig bis zu ihrem Tod die erste Äbtissin auf dem Stiftsberg zu Quedlinburg, das Zentrum des Ottonenreichs. Ihr Bruder war Otto II., 994 erhielt sie das Privileg des Münz-, Markt- und Zollrecht für den Marktflecken Quedlinburg. 997-999 führte sie die Regentschaft für ihren Neffen Otto III.


Mathilde von Tuszien (1046-1115) war Markgräfin auf der Burg Canossa im Apennin, sie setzte sich u.a. dafür ein, dass 1077 König Heinrich IV. dem Papst Gregor VII. entgegen kam, um die Lösung vom Kirchenbann zu erreichen. 


Hildegard von Bingen (1098-1179) war Benediktinerin, Mystikerin, Dichterin, Universalgelehrte, Beraterin, Predigerin, Heilige, Kirchenlehrerin und beschäftigte sich mit Religion, Medizin, Musik, Ethik, Kosmologie und Pflanzenkunde. Ihr Wissen, sowie ihre künstlerischen Buchmalereien zeigen eine große göttliche Inspirationsquelle, die bei keiner anderen Mystikerin dermaßen umfassend ausgeprägt war.
Im Mittelalter waren auch Nonnen als Buchmalerinnen beschäftigt. Im Verhältnis zu den klerikalen Miniaturmalern finden sich unter 2000 illustrierenden Mönchen etwa 20 Miniaturmalerinnen. 


Mechthild von Magdeburg (1207-1282) war Zisterzienserin im Kloster Helfta, Mystikerin, Begine, Nonne, Dominikanerin. Wie Hildegard von Bingen stammte Mechthild von Magdeburg von adeligen Eltern ab und hatte eine gute Bildung erhalten. 12jährig erlebte sie ihre erste mystische Vision. 30 Jahre lebte sie als Begine nach der Regel des hl. Dominikus. Ihre in mittelniederdeutsch verfassten Aufzeichnungen füllen sieben Bücher über das »Fließende Licht der Gottheit«.


Marguerite Poret(t)e (1250-1310) war eine französische theologische Schriftstellerin. Sie gehörte der religiösen Bewegung der Beginen an. Als Autorin einer Schrift, die gewöhnlich mit dem Kurztitel „Spiegel der einfachen Seelen“ zitiert wird, erregte sie großes Aufsehen. Das Thema des „Spiegels“ ist die etappenweise Befreiung der Seele von allen Abhängigkeiten, die sie in Knechtschaft halten. Das Werk galt in Frankreich nach der Heiligen Schrift als das meistgelesene Buch. Die wirkliche Gotteserkenntnis sei die Selbsterkenntnis Gottes in der Seele. Die Seele sei „aus der Güte Gottes ausgeflossen“, womit sie an das neuplatonische Emanantionsmodell anknüpft, das auch Meister Eckhart rezipiert.


Katharina von Siena (1347-1380) war eine italienische Mystikerin, geweihte Jungfrau und Kirchenlehrerin. Als Beraterin zweier Päpste wagte sie es, auf manche kirchlichen Missstände hinzuweisen. In Avignon gelang es ihr 1376, Papst Gregor XI. zur Rückkehr nach Rom zu bewegen. Als 1378 unter Urban VI. eine Kirchenspaltung drohte, wirkte sie für eine Friedenslösung. Katharina wurde 1461 heiliggesprochen, 1939 zur Schutzpatronin von Italien erklärt, 1970 zur Kirchenlehrerin erhoben und 1999 zur Schutzpatronin Europas erklärt. 


Teresa von Ávila (1515-1582) war Karmelitin sowie Mystikerin. Sie wird als Heilige und Kirchenlehrerin verehrt. Von Giovanni Lorenzo Bernini stammt die Skulptur der Heiligen Teresa in Ekstase mit dem Titel “Die Verzückung/Entrückung”, in der Kirche Santa Maria della Vittoria in Rom von 1645-1653, ein Meisterwerk der Kunst. 


Jeanne d’Arc (um 1412-1431) ist eine französische Nationalheldin und Heilige der Römisch-Katholischen Kirche. Sie verhalf während des 100jährigen Krieges den französischen Truppen des Dauphins, späterer Karl VII. in Orléans zum Sieg über die Engländer und Burgunder. Von letztgenannten wurde sie daraufhin gefangen genommen, als Ketzerin verurteilt und in Rouen verbrannt. 24 Jahre später wurde das Urteil aufgehoben und Jeanne d’Arc zur Märtyrerin erklärt.

Olympe de Gouges (1748-1793) war eine französische Revolutionärin, Frauenrechtlerin, Schriftstellerin und verfasste die Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin 1791.

Thérèse von Lisieux (1873-1897) war Nonne im Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen. Sie wurde 1925 von Pius XI. heiliggesprochen und 1997 von Papst Johannes Paul II. zur Kirchenlehrerin erhoben. Ihre Lebensgeschichte, die sie auf Anordnung ihrer Priorin niederschrieb, wurde unter dem Titel „Geschichte einer Seele“ (L'histoire d'une âme) zwei Jahre nach ihrem Tod veröffentlicht und ist das nach der Bibel meistgelesene spirituelle Buch in französischer Sprache überhaupt.

Große Herrscherinnen
Alle im Folgenden vorgestellten Damen weisen sich durch ihre ausserordentlich gute Ausbildung und Erziehung am Hof aus und waren sich ihrer besonderen Verantwortung ihres Erblandes gegenüber bewusst. Sie bestimmten selbst ob und wen sie zum Ehemann wählten. Bei den Ehemännern wurde der stärkste Partner ausgesucht, der ihre jeweilige Position, Erbland bzw. Krondomäne unterstützt und den sie als gleichwertig betrachten konnten. Eleonore von Aquitanien und Isabella von Kastilien gelang dies auch, in einer Zeit in welcher von einer Frau standesmässige und geschlechtliche Unterordnung verlangt wurde. Sie gelten als besonders selbstbewusst, “emanzipiert” im modernen Sinne, dass sie sich über auferlegte Rollenbilder hinweg bewegten und schließlich erreichten, was sie wollten.
In den überlieferten Darstellungen, ob Plastiken, Buchmalereien, Siegel, Gemälde etc. wurden die Herrscherinnen meist gleich groß mit ihren Männern dargestellt, was ein wichtiges Indiz für die ähnlich gleichgestellte Rolle der Consors Imperii oder einer Augusta zeigt. Ein ausgeprägtes Mäzenatentum wäre hier gesondert zu betrachten, die Überlieferungen vermischen individuelle Stiftungen, Gründungen, Auftragserteilungen durch die Erwähnung beider Königspartner. Ihre politischen Einflüsse sind ernster zu nehmen, als die Historiographie bisher überlieferte, im Zuge der Forschungen der letzten Jahre wird besonders und gesondert darauf eingegangen.

Anna Komnena (1083 bis 1153/54) eine Purpurgeborne “Porphyrogenneta” aus Konstantinopel, war eine hochgebildete byzantinische Prinzessin, Tochter Alexios I. und Irene Dukaina. Verheiratet mit Nikephoros Bryennios, der 1097 Caesar wurde. Nach 1137 bis 1148 verfasste sie die Alexiade (Alexias) und schilderte in 15 Büchern den Werdegang ihres Vaters Alexios I., im Besonderen die Jahre 1069-1118. Anna schrieb Porträts der wichtigsten Teilnehmer des ersten Kreuzzugs, wie etwa Bohemund I. von Tarent und Graf Raimund IV. von Toulouse. Das ist die einzige historische Überlieferung der Kreuzzüge aus byzantinischer Sicht und gilt daher als wichtiges Korrelativ zur westlichen Geschichtsschreibung!

Eleonore von Aquitanien (um 1122 bis 1204), Herzogin von Aquitanien, Königin von Frankreich (1137-1152) durch Heirat mit Ludwig VII., und Königin von England (1154-1189) durch Heirat mit Heinrich II. Plantagenet. Sie hat zehn Kinder geboren, zwei mit Ludwig VII., acht mit Heinrich II. Sie war die Mutter von Richard Löwenherz. Eleonore von Aquitanien nahm selbst am 2. Kreuzzug teil und war eine große Diplomatin und Kunstförderin.

Isabella I. von Kastilien (1451-1504), Königin von Kastilien und León und als Gattin Ferdinands II. auch Königin von Aragón. Ihren Titel “Die Katholischen Könige” erhielten die beiden aufgrund der äußerst brutal und scharf verfolgten Inquisition in Spanien. Unter dem Motto “Tanto Monta, Monta Tanto” - schaffte sie eine gleichberechtigte Regierung mit Ferdinand zu vollziehen.

Elizabeth I. von England (1533-1603), Königin von England und Irland, Tochter Heinrich VIII. und Anne Boleyn, war als “die jungfräuliche Königin” bekannt. Sie regierte fast während der gesamten 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Nach dem Sieg über die spanische Kriegsflotte von Philipp II. stieg England zur Seemacht auf. Sie blieb unverheiratet und kinderlos, förderte Kunst und Kultur und war eine Meisterin in der machtvollen Selbstinszenierung.

Maria Theresia von Österreich (1717-1780), Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn, Kroatien und Böhmen, regierte das Habsburgerreich in seiner größten Ausdehnung allein. Während sich ihr Mann Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen um die finanzielle Absicherung der Familie kümmerte. Neben 16 geborenen Kindern, denen sie zum Großteil eine individuelle Ausbildung zukommen ließ, führte sie im gesamten Land eine straffe Reformpolitik ein. Als Bauherrin sind bis heute die prachtvollsten Schlösser zu bewundern. Keine deutschsprachige Herrscherin hatte je in dieser Größe, Ausdehnung und Umfang regiert.


Katharina II. die Große (1729-1796), Kaiserin von Russland und Herrin von Jever. Gilt als Repräsentantin des aufgeklärten Absolutismus.
Auch die gewichtige Kunstförderungsrolle der berühmten Madame de Pompadour (1721-1764) ist erwähnenswert. Sie ist eine große Mäzenatin ihrer Zeit und unterstützte viele Künstler und Intellektuelle.
Diese Vorstellung der Persönlichkeiten ist subjektiv und auszugshaft, denn hier könnte noch eine Vielzahl an weiteren Frauen genannt werden. (Zur Vertiefung siehe Literaturhinweise)


Frau in der Kunst versus Kunstgeschichte
Es gibt viele Aspekte unter denen man die Frau in der Kunst versus Kunstgeschichte betrachten kann. In diesem Blogartikel werde ich kurz die wichtigsten Punkte anführen. Die Frau war hauptsächlich ein inspirierendes Modell und regte die männliche Kunstproduktion an, sie galt als Projektion männlicher Phantasien und Wünsche und wurde nicht als gleichwertiger Teil des künstlerischen Produktionsprozesses gesehen. Die Frau erscheint in der Kunstgeschichte zunächst hauptsächlich als Kult- und Demonstrationsobjekt: Die Schönheitsideale der Zeit haben sich primär am Bild der Frau und des weiblichen Körpers manifestiert. Allerdings galt in der Antike noch ein anderes Prinzip. Denn unter Praxiteles (4. Jahrhundert vor Christus ) taucht erstmals der nackte Frauenkörper auf, davor war dies unmöglich. Die Folge ist die “Verweiblichung” des männlichen Körpers. 


Zwischen 1480 und 1560 kam es im Kreis der Humanisten zu einer Geisteshaltung, die intellektuell wie künstlerisch begabte Frauen förderte. Gehörte Isabella d’Este (1474-1539), die Markgräfin von Mantua hier noch zur Pioniergeneration, so war Sofonisba Anguissola (um1535-1625) bereits Begünstigte dieser neuen Tendenz. Bis auf wenige Ausnahmen war vor Sofonisba Anguissola der Beruf des bildenden Künstlers den Frauen verwehrt.
Einen leichteren Zugang zur Malerei hatten die Töchter von Malern. Im Unterschied zu den drei Maler-Töchtern (Lavinia Fontana, Artemisia Gentileschi und Elisabetta Sirani) kann Sofonisba Anguissola als professionell ausgebildete Dilettantin bezeichnet werden, die als erste Malerin der Neuzeit in die Geschichte eingegangen ist. Ihre künstlerische Ausbildung erfuhr sie in der Werkstatt des lokalen Meisters Bernardino Campi. Als Porträtmalerin am Spanischen Hof König Philipps II. erhielt sie eine Pension auf Lebenszeit. Sofonisba Anguissola galt bereits zu Lebenszeiten als berühmte Künstlerin. Sie wurde um 1535 als erstes von sieben Kindern in Cremona geboren, die Eltern erzogen ihre Kinder im modernen humanistischen Gedankengut und ließen ihnen eine gute Bildung zukommen, so auch den Töchtern.
"Das Spiel vom Schach", von 1555 ist Sofonisba Anguissolas unübertroffenes Hauptwerk. Abb. 15. Neuartig in der italienischen Malerei ist der Zusammenschluss individueller Porträts in einer kollektiven Handlung, dem Schachspiel und alles ist darüber hinaus noch eingebettet in die perspektivisch weite Landschaft. Durch ein Augenleiden und Rheuma behindert, konnte Anguissola in ihren späten Jahren nicht mehr malen. So verlegte sie ihren Wohnsitz gemeinsam mit ihrem Mann nach Palermo. Sie starb mit über 85 Jahren. 


Lavinia Fontana (1552-1614) setzte fort, wo Sofonisba Anguissola aufgehört hatte, so lässt sich der narrative Gehalt auch in ihren Werken feststellen. Ihr Vater Prospero Fontana (1512-1597) war ein einflussreicher Maler. Sie lebte in Bologna und malte im Stil des Manierismus. 


Artemisia Gentileschi (1593-1653) ist ein frühes Beispiel einer Frau, die den Weg von der Muse zur Malerin durchlebte. Ein traumatisches Früherlebnis führte sie stärker zur Malerei und sie konnte ihre Vergangenheit in meisterhaften Gemälden verarbeiten sowie in der Themenwahl inhaltlich zum Ausdruck bringen. Die meisten Werke befassen sich mit dem Geschlechterkampf, dargestellt aus der Sicht der Frau. “Sie verstand es den Bildraum perfekt zu nutzen. Jedes Detail ist voller Leben und Information. Artemisia hatte weder Schüler noch ein Atelier. Ihr gelang es mit den Codes, Konventionen und der Ästhetik der Maltradition zu brechen.” (Germaine Greer) Sie starb bereits mit 60 Jahren aber ihr Talent und Können blieb lange unerreicht. Abb. 16.


Rosalba Carriera (1673-1757) war eine Meisterin im Umgang mit Pastellfarben. Sie wurde bereits zu Lebzeiten als berühmte Künstlerin gefeiert. Ihre Porträts waren überaus gefragt und weckten das Interesse der Sammler. Geboren in Venedig, hielt sie sich an zahlreichen Höfen Europas auf und prägte die Kunst des Rokoko. Ihr gelang auch die Aufnahme in die Königliche Akademie in Paris. 


Maria Sibylla Merian (1647-1717) war Tochter des berühmten Kupferstechers und Verlegers Matthäus Merian des Älteren und seiner zweiten Frau Johanna Sibylla geb. Heimy. Ihr Vater starb drei Jahre nach ihrer Geburt und ein Jahr später heiratete ihre Mutter den Stilllebenmaler Jacob Marcel, der sich auch als Blumen- und Bilderhändler betätigte. Maria Sibylla Merian beschäftigte sich zu Beginn mit dem Malen von Blumen und gab selbst das “Neue Blumenbuch” heraus, welches als Musterbuch für stickende Damen gedacht war. Danach erschien ihr “Raupenbuch”, es folgten noch weitere Werke und Studienbücher wie z.B. das Spätwerk über “surinamische Insekten”. Ihre weiten Reisen unternahm sie mit einer ihrer Töchter ohne männliche Begleitung. 


Angelika Kauffmann (1741-1807) geboren in Schwarzenberg, südöstlich von Bregenz, wuchs in Italien auf und galt bereits im Mädchenalter als zeichnerisches Talent. Sie war die bekannteste Malerin der Aufklärung. Neben Porträts unter anderem des Hochadels schuf sie Historiengemälde und überraschte durch Intelligenz ebenso wie durch ihre Empfindsamkeit und Kultiviertheit. Als Künstlerin des Klassizismus verkehrte sie in den Kreisen der Aristokratie gleichermaßen wie in jenen um Johann Wolfgang von Goethe. Sie lebte in London und danach in Rom, wo ihre bedeutendsten Gemälde entstanden, wo sie Frauen als Heldinnen in den Mittelpunkt stellte. Sie wurde in England derart geschätzt, dass sie sogar 1768 zu einem Gründungsmitglied der Royal Academy of Arts ernannt wurde. 200 Jahre lang blieben Angelika Kauffmann und ihre Zeitgenossin, die englische Stilllebenmalerin Mary Moser die einzigen weiblichen Mitglieder der Akademie. Insgesamt wurde sie als Mitglied an fünf Kunstakademien berufen. Giovanni G. de Rossi nannte sie bereits zu Lebzeiten in seinen Schriften als der “Raffael unter den Künstlerinnen.” Abb. 17. Angelika Kauffmann, Selbstporträt.

Während der französischen Revolution fand eine erste Frauenemanzipation statt. Das neue Selbstbewusstsein und die neue Selbsteinschätzung der Künstlerinnen beginnt verstärkt bereits im 17. Jahrhundert und lässt sich Ende des 18. Jahrhunderts am hohen Anteil der weiblichen Selbstporträts der damaligen Zeit erkennen.
In der patriarchal strukturierten Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts hatten Frauen keinen oder äußerst wenig Platz. Der auf ihre Rolle als Tochter, Gattin oder Mutter reduzierten Frau, wurde jede Fähigkeit zur schöpferischen Originalität abgesprochen. So wundert es nicht, dass es im späten 19. Jahrhundert zu einer von Frauen entwickelten Geschlechterdebatte kam. Allerdings haben diese Emanzipationsbestrebungen eine viel längere Tradition (zu jeder Zeit in jeder Epoche auf seine eigene Art). Es gibt angeregt durch die Genderforschung grundlegende Lexika, Sammelbände, Nachschlagewerke und Basisliteratur über die philosophischen und künstlerischen Werke und Aktivitäten zum schöpferisch kreativen “Verdienst der Frauen” von Frauen verfasst.
Das Frausein ist eine Emanzipation aus noch herrschenden patriarchalen Strukturen. Simone de Beauvoir drückte es mit den folgenden Worten aus: “ Man ist nicht zur Frau geboren, man wird dazu gemacht.” Ihre schriftstellerischen Werke zählen zur wichtigsten feministischen Literatur des 20. Jahrhunderts. (siehe dazu Literaturhinweise)


Zur Rolle der Malerin im 20. Jahrhundert wollen noch mindestens Hilma af Klint (1862-1944), Käthe Kollwitz (1867-1945), Gabriele Münter (1877-1962), Sonia Delaunay (1885-1979) und Ljubow Popowa (1889-1924) angeführt werden, die bahnbrechend in einem neuen Kunstverständnis arbeiteten. (Näheres möglich in einem weiteren Blog)


Zu den spezifischen Darstellungsformen der Frauen in der Kunst ließe sich in Bezug auf die Porträtmalerei und die Aktmalerei sowie die Rolle der Frau als Muse ein weiterer Exkurs erschließen.
Abschließend sei noch kurz in Erinnerung gerufen, dass der Wunsch, das Geheimnis der Inspiration zu erklären und den eigentlichen kreativen Antrieb zur Kunstschöpfung zu erkennen, bereits in der Antike zu finden ist. Denn es waren die Griechen, die an die göttliche Inspiration glaubten und mehrere Göttinnen - neun an der Zahl - als Musen auserkoren! Darum ist die Mutter der Musen auch die Göttin der Erinnerung - Mnemosyne. Hesiod schrieb um ca. 700 vor Christus seine Theologie (= Dichtwerk über die Abstammung der Götter und die Weltentstehung), welche die Neunzahl der Musen und ihre Namen und Zuordnungen einführte. Es war der Glaube an den direkten Einfluss der Musen am künstlerischen Schöpfungsvorgang. Hiermit schließt sich der Kreis. Alles handelt von der Rückbindung zur Existenz, zum Göttlichen. Die “Erinnerung” des Geistes, dass er Seele ist aus dem Großen Ganzen.

verfasst: Mag. Marlene Elvira Steinz

LITERATURAUSWAHL :
Marit Rullmann, Philosophinnen, 2 Bände, Zürich/Dortmund, 1998

Ursula I Meyer, Die Welt der Philosophin, Band I-IV., Aachen, 1995

Cordula Bischoff (Hrsg.), Frauen Kunst Geschichte - Zur Korrektur des herrschenden Blicks, 1984

Barbara Beck, Die berühmtesten Frauen der Weltgeschichte, Wiesbaden, 2015

Barbara Beck, Die großen Herrscherinnen und Regentinnen, Wiesbaden, 2013

Isabella Ackerl, Mutige Frauen, Wiesbaden, 2016

Jan Assmann, Das kulturelle Gedächtnis, Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen, München, 2013

Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht, Sitte und Sexus der Frau, 20. Auflage, Hamburg, 2019

Meret Fehlmann, Das Matriarchat. Eine vermeintlich uralte Geschichte, Zürich 2010

Régine Pernoud, Frauen zur Zeit der Kreuzzüge, aus der Reihe: Frauen in Geschichte und Gesellschaft, Band 29, Centaurus Pfaffenweiler, 1993

Edith Ennen, Frauen im Mittelalter, München, 1985

Umberto Eco, Kunst und Schönheit im Mittelalter, München 2004

Germaine Greer, The Obstacle Race. The Fortunes of Women Painters and Their Work. London: Martin Secker and Warburg, 1979

Barbara G. Walker, The Woman’s Encyclopaedia of Myths and Secrets, Harper San Francisco,1983

Sarah Iles Johnston, Religions of the Ancient World, A Guide, Harvard, University Press Library, 2004


Anne Jensen, Gottes selbstbewußte Töchter, Frauenemanzipation im frühen Christentum? Freiburg im Breisgau, 1992


Ute E. Eisen, Amtsträgerinnen im frühen Christentum, Epigraphische und literarische Studien, Göttingen 1996


Hans Küng, Die Frau im Christentum, München 2001


Eva Maria Synek, Heilige Frauen der frühen Christenheit. Zu den Frauenbildern in hagiographischen Texten des christlichen Ostens, Würzburg 1994


Homepage von www.doriswolf.com zum Thema Matriarchat und Patriarchat

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