30/03/2017
DER USB STICK VERGEHT - TIEFDRUCK BESTEHT
Dr. Verena Tintelnot, Kunsthistorikerin aus Leipzig, sprach bei ihrer Rede zur Eröffnung der Ausstellung „Jetzt Druck machen. Radierungen aus Leipzig“ über die Technik der Radierung, nicht nur als künstlerisches Medium, sondern auch als zeitloser Speicher von Informationen.
Bild: Vlado Ondrej beim Abziehen des Papiers von der Druckplatte.
DER USB-STICK VERGEHT - TIEFDRUCK BESTEHT
Dr. Verena Tintelnot, Kunsthistorikerin aus Leipzig, sprach bei ihrer Ansprache zur Eröffnung der Ausstellung „Jetzt Druck machen. Radierungen aus Leipzig“ über die Technik der Radierung, nicht nur als künstlerisches Medium, sondern auch als zeitloser Speicher von Information:
Radierung im Schaffen der ausgestellten KünstlerInnen
Interessanterweise haben 90% der beteiligten Künstlerinnen und Künstler zuvor nie mit der Radierung gearbeitet oder waren sogar durch negative Erfahrungen ihr gegenüber eher abgeneigt. Dank ihres eigenen großen handwerklichen Könnens auf diesem Gebiet, konnten Vlado und Maria Ondrej die Künstlerinnen und Künstler an dieses Medium neu heranführen. Die Radierung ist eine vielseitige Technik, sie beinhaltet zahlreiche Möglichkeiten wie die Kaltnadelradierung, die Fotogravure, das Aquatinta, das Vernis mou, das Cliché verre etc. … Die Radierung ist eine recht sperrige Tiefdrucktechnik, denn man zeichnet in die Radierplatte, d.h. man hinterlässt in ihr durch Hineinkratzen mechanisch Spuren. Anschließend kommen diese Vertiefungen, nachdem man sie mit Farbe eingerieben hat, durch Druck als erhabene Zeichnung aus der Tiefe ans Licht. Modern gesprochen kann man sagen, dass die Ergebnisse, die wir ausgestellt sehen, gespeicherte Informationen auf Papier sind.
Instabilität der heutigen Trägermedien
Alle Datenträger zum Speichern von Informationen, vom Foto bis zur Filmrolle, von der Schallplatte bis zum USB-Stick, den wir in unserem Computer benutzen, sind weniger haltbar als das Papier. Früher waren Trägermedien zum Speichern von Informationen die altägyptische Stele, die Tontafel, der Papyrus, das Pergament und selbstverständlich das Papier. Das Papier hat sich bisher als gut fünfhundert Jahre haltbar erwiesen, aber nur, wenn es sich um gutes Papier handelte, z.B. um das hier verwendete säurefreie Büttenpapier. Für alle mechanischen, elektrischen und elektronischen Datenträger gilt: entweder wissen wir, dass sie schnell obsolet werden, oder wir wissen noch nicht, wie lange sie halten. Denken Sie an die Schallplatte, an die Diskette oder an das Video, sie alle haben sich mehr oder weniger überlebt. Es kann sein, dass in ein paar Jahrhunderten, wenn alle elektronischen Datenträger verloren sind, eines der wenigen Mittel, um etwas über die Vergangenheit zu erfahren, noch immer eine schöne Radierung auf einem hochwertigen Papier ist.
Institut für Radierung Leipzig: www.radierung-leipzig.de/